Schieberegister 74HC595 - leistungsfähiger als oft behauptet

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Moderator: T.Hoffmann

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Sa, 14.07.12, 15:21

Da ich selbst demnächst ein "paar" belastbare Ports mehr brauche, als große AVRs bieten können, bin ich auf die Suche nach Schieberegistern gegangen.
Angefangen bei den kleinen 4021 und 74HC595 über TPIC6x595 bis hin zu traumhaften Bausteinen wie M66313 und LC7935AN, wo ich aber leider vergeblich nach einer unkomplizierten Bezugsquelle für Mindermengen gesucht habe...

Also googlete ich noch ein bisschen vor mich hin und fand bei Microcontroller diesen Tip. Genauso einfach wie genial:
http://www.mikrocontroller.net/articles ... beregister
Ist allerdings auch nur so eine halbe Lösung, die das Bauteil scheinbar bis zu den "Absolute Maximum Ratings" treibt und dennoch nur 17,5mA von den angestrebten 25-30mA bringt.

Dann allerdings ein Lichtblick in einem (wie so oft) Forum aus den USA:
http://forum.sparkfun.com/viewtopic.php ... 83d#p72328
Aber was ist dann mit den 1000 Quellen und 1000 Topics die man so findet, wo überall geschrieben wird: " Geht nicht"... das passiert anscheinend, wenn einer vom anderen abschreibt und alle (ich natürlich auch) auf das Herstellerdatenblatt vertrauen.

Da eine Antwort scheinbar direkt vom Hersteller meiner Ansicht nach aber doch einen gewissen Stellenwert hat, hab ich mir mal eine Hand voll 74HC595 geordert. Gleich die SMD Version, denn ich dacht mir, da fällt übermäßige Abwärme oder ein eventuell filigranerer Aufbau (Bonding usw) stärker auf.
Außerdem ist die SMD Version von der Größe her angenehmer, wenn man mal ein paar Bausteine kaskadieren will. 1,27mm Raster lässt sich ja noch gut verarbeiten.

Belastet wurde mit 8 LEDs und jeweils ca 23mA nach GND bei 5,02V Betriebsspannung. Hier ein Bild vom Aufbau:
140720121173.jpg
Bei einer Belastung von 23mA sinkt die Spannung am Port auf 4,35V. Das sind 0,67V Spannungsabfall bei 23mA, was etwa 30 ohm Ausgangswiderstand entspricht. Es werden also etwa 15,4mW an dem Ausgang verheizt.
Wenn alle 8 Ports High sind, fließen etwa 184mA. Die Spannung an den Ports bricht dadurch auf 4,99V ein. Das macht einen Spannungsabfall von etwa 30mV bei 184mA auf den internen Versorgungsstrecken und ergibt einen Widerstand von etwa 0,163 ohm.
Die totale Verlustleistung beträgt somit 0,67V + 0,03V Spannungsabfall x 184mA Gesamtstrom = 128,8mW. Der 74HC595 erwärmt sich nicht spürbar und macht auch bei 2MHz Takt noch keine Probleme. Die angegebenen 30MHz kann ich hier jetzt aber nicht testen.
Aber selbst bei 2MHz braucht einmal vollschieben nur 4µS.

Fazit:
Der 74HC595 kann locker 8 LEDs gleichzeitig mit 20mA versorgen, ohne gestresst zu wirken. Meiner Einschätzung nach sind auch 30mA kein Problem. Die Spannung am Port sinkt dann auf 4,18V also 0,84V Abfall. Bei 30mA gibt das ca 25mW pro Port oder 201,6mW gesamte Wärmeabgabe.
Es fehlt dann zwar bald 1V an Ausgangsspannung, aber das ist bei LEDs ja kein Problem. Auch 4V reichen noch für alle Farben aus.
Ein gutes Zeichen ist, dass die Spannung an den Ports nicht nennenswert abfällt, wenn mehrere Ports gleichzeitig aktiv sind. Das lässt auf ausreichend dimensionierte Vcc-Leitungen im Bauteil schließen. Man zieht also nicht die Spannung am internen Logikteil mit herunter.

Soweit erstmal zu den Tests. Ich bin gerne für weitere Anregungen offen. Anbei nochmal das Datenblatt von Fairchild zum 74HC595. Sie ergänzen bei den 70mA max auch noch die Angabe "per Pin":
http://www.fairchildsemi.com/ds/MM/MM74HC595.pdf

Ein Härtetest mit aktivem Pin direkt über Multimeter im mA-Bereich nach Masse gibt mir ca 85mA Kurzschlusstrom. Dabei erwärmt sich der 74HC595 dann doch recht schnell spürbar. Nach etwa 10 Sekunden hat der Ausgang allerdings noch keinen erkennbaren Schaden genommen und liefert nach wie vor Messwerte wie die anderen sieben.
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Mo, 16.07.12, 12:00

Auch meine Erfahrungen zeigen, dass die 40XX, insbesonbdere die ohnehin besseren 40HCXX i.d.R. immer erheblich mehr können, als sie müssten.

Allerdings müssen sie das, was im Datenblatt steht ja MINDESTENS einhalten und das über den gesamten Temperaturbereich. Und auch alle sagen wir 10 Millionen von 10 Millionen verkauften ICs.

Interesanter wäre, wieviel Verlustwärme pro MOSFET und pro IC zulässig sind, denn wenn der Strom / Spannung mal etwas abweicht, macht das den LEDs nicht viel aus.

Wenn Du alle Ausgänge gleichzeitig "überlastest", konzentriert sich ja die Wärme auf den Die in der Mitte des IC-Gehäuses.

Atmel gibt (bei 5V Versorgung) z.B. 40 mA pro Port an, jedoch ca. 180..200 mA pro MCU insgesamt über alle Ports. Und Alle Atmels, die ich bisher gemessen habe, waren deutlich besser (näher an Vcc oder GND) als sie nach Datenbltt hätten sein müssen. Allerdings bei 85°C, die Dinger müssen das ja auch bei +85°C immer noch einhalten und da ist schon mit durchaus einem doppelt do hohen R_DS_on zu rechnen wie bei 25°C.

Das trifft auch Deine Schieberegister sicher genauso zu. Wobei die sich ja bei Erwärmung auch in gewissem Rahmenschützen, die bei Hitze geringere Vorwärtsspannung der LED sorgt aber dafür, dass der Strom dann doch nicht sinkt... das kompensiert sich also so ca..
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Mo, 16.07.12, 18:19

Mir kam ja jetzt im Nachhinein noch so die Überlegung, ob es da vielleicht Unterschiede zwischen den verschiedenen Herstellern gibt. Das Teil wird ja nicht nur von Fairchild, sondern auch von Texas Instruments, On Semicondutor (früher Motorola) usw. produziert.
Wäre ja nicht das erste Mal, dass es bei einem gleichnamigen Teil verschiedener Hersteller unterschiedliche Specs gibt. Aber ob sich das wie hier mehr oder weniger gewollt auch so stark auswirkt?
Man beachte auch den geposteten eMail-Verkehr aus meinem Link:
On Semiconductor schreibt: "DC Vcc or GND Current von 70mA gilt für den ganzen Baustein" , ebenso wie es auch im Datenblatt von On Semicondutor steht.
Fairchild schreibt: "DC Vcc or GND Current von 70mA bezieht sich auf einen Pin" , ebenso wie sie auch im Datenblatt extra -per Pin- dazuschreiben.

EDIT:
Den 74HC595 von Fairchild gibts auch nur bei Farnell oder in dem eBay-Angebot, was ich für meine Tests wahrgenommen habe. Reichelt und Conrad haben St Microelectronics bzw. Reichelt hat ein Datenblatt von Philips verlinkt.
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Di, 17.07.12, 11:57

Das ist duchaus möglich, es gibt auch identisch benamste MOSFETS, wobei der eine Hersteller einen leicht abweichenden R_DS_on angibt als der andere. Name fällt mir gerade nicht ein, aber im uralten Datenblatt (eingescannt) von International Rectifier waren es 2, 3 Ampere mehr und ein minimal schlehcterer R_DS_on, bei Philips waren nur noch exakt 50 Ampere und ein engerer R_DS_on angegeben.

Wobei der Unterschied 70 mA "per device" oder "per pin" noch wesentlich graviernder ist --- Du musst für Deine Schaltung also auf jeden Fall den Chip von Fairchild vorschreiben, wenn Du auf der sicheren Seite sein willst!

Es GIBT ganz sicher gewisse Unterschiede zwischen der Herstellern und natürlich auch Fertigungstoleranzen innerhalb eines Herstellers.
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