HowTo: LED-Chip-Temperatur mit (Milli)Voltmeter messen

Moderator: T.Hoffmann

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Mi, 16.09.09, 15:44

IMHO kann man die Temperatur des Chips einer LED recht gut ermitteln, wenn man einmal bei kaltem Kühlkörper und z.B. 700 mA misst (Am besten das Voltmeter noch vor dem Einschalten der LED anschließen! Je eher nach dem Einschalten man den Wert abliest, desto besser, tendenziell eher abrunden, was man abgelesen hat. Ideal wäre gar ein Oszilloskop, um wirklich den ganz kurzen Moment erfssen zu können, indem noch wirklich Raumtemperatur am Chip herrscht --- das sollte man dann aber mit einer lienaren sehr schnellen KSQ mit LM317 machen, sonst verfälscht u.U. eine getaktete KSQ die initial gemessene Spannung).

EDIT:
Die Spannung muss nur dann direkt an der LED oder nur wenige Zentimeter von deren Anschlüssen entfernt gemessen werden, wenn die genaue absolute Spannung der LED von interesse ist. Die Leitungen zum Voltmeter dürfen dann zwar einige Meter lang geraten, aber es darf kein Strom durch sie fließen, sondern nur die Spannung anliegen (sogenannte 4-Leiter-Technik, wichtig wenn man wenige Millivolt an einer Messtelle genau erfassen möchte)
Da uns aber nur die relative Veränderung interessiert, kann man auch direkt hinter der KSQ messen (da erblindet man auch nicht so schnell :shock: ) WICHTIG ist aber, dass bei allen Messungen immer an exakt der gleichen Stelle gemessen wird!


Nach dem messen im kalten Zustand mit dem gleichem Strom die LED normal betreiben und (das ist wichtig, man muss kalt und heiß mit identischem Strom arbeiten) beobachten, wie weit die Spannung bei Erwärmung zurückgeht (wenn man an allen 4 in Reihe geschalteten Chips einer MC-E misst, wird das Messergebnis 4 mal genauer, natürlich ist auch die Spannungsänderung pro Grad Celsius 4x so groß [also ca. 400 mV weniger pro 25°C mehr, bzw. 16 mV weniger pro 1°C mehr; zu diesen Werten: siehe Datenblattauszüge weiter unten]).

Leider gibt AFAIR Cree keinen Spannungsrückgang über die Temperatur an, aber bei osram kann man sowas oft finden. ich gehe davon aus, dass das für andere High-power-LEDs in ganz ähnlicher Weise gilt, wenn das gleiche Material verwendet wurde sogar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.

Hier habe ich die Werte entnommen, auf die ich mich beziehe:
Datenblatt Osram LWG6SP (mit 44 lm/W Angegeben, aber das ist die MINDEST-Effizienz, die besten Binnings erreichen etwas über 60 lm/W) der CRI ist 80 (mit sicherheit ebenfalls MINDEST-CRI), das könnte (in warmweiß) fast die LED sein, die auf den SMD-High-power-Leisten verbaut ist... (die erreicht die CRI=93 ja nicht garantiert, sondern nur bei den besten Exemplaren).
Rückgang der Vorwärtsspannung mit steigender Temperatur. Voraussetzung: der Strom wird konstant gehalten!
Rückgang der Vorwärtsspannung mit steigender Temperatur. Voraussetzung: der Strom wird konstant gehalten!
Testergebnis:
Hier kann man sehr schön sehen, dass --- zumindest bei dieser Osram-LED --- die Spannung pro 125°C mehr näherungsweise Linear um 0,5V sinkt. Das sind 0,004 Volt bzw. 4 mV pro Grad Celsius oder genau 25°C pro um 100 mV (=0,1V) verringerter Vorwärtsspannung.
Voraussetzung: der Strom wird konstant gehalten, eine KSQ ist also Pflicht für diese Messung, ein Vorwiderstand taugt nicht.



Die Osram-LED ist aus Gallium-Arsenid (GaN), für die Cree XR-E konnte ich im Datenblatt leider auf die Schnelle keine Angabe zum verwendeten Chip-Material finden, vermute aber stark, dass es identisch ist.


Und der Vollständigkeit halber: so lange hält die LED bei verschiedenen Temperaturen:
Und hier --- weils mit drinsteht im Datenblatt und sicher auch äußerst aufschlussreich ist und es hier sowieso um die Temperatur geht --- die Lebensdauerangaben für verschiedene Chip-Temperaturen.
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Do, 24.09.09, 20:35

Eigentlich nicht meine Art, aber: <Nach oben schieb>
Mich wundert, dass hier noch kein einziger Kommentar zu geschrieben wurde, denke aber, dass dies ein sehr interessantes Thema ist

Wobei ich als Hauptproblem sehe, dass man, um die Vorwärtsspannung bei Raumtemperatur des Chips ermitteln zu können ja bereits den vollen Strom draufgeben muss. Das aber führt natürlich innerhalb kürzestester Zeit dazu, dass sich der LED-Chip aufheizt. Um die Spannung in dem wenige Sekundenbruchteile dauernden Moment, in dem der eigentliche Chip sich noch nicht wesentlich durch den Stromfluss erwärmt hat, auszumessen, erfordert wie schon geschrieben ein Oszilloskop und eine extrem schnell regelnde KSQ (LM317-KSQ oder als zweite Wahl eine simple 2-Transistor-KSQ sollten am besten geeignet sein, eine getaktete KSQ ist für eine Messung am Scope zu langsam)

Vielleicht hat ja auch jemand eine Idee, wie man die exakte Vorwärtsspannung im kalten Zustand exakter/einfacher bestimmen kann?

Vielleicht könnte man auch einen PI-mal-Daumen-Wert ermitteln (vielleicht weiß das ja jemand bereits), mit dem man für die meisten Power-LEDs angeben kann, um wie viele Grad Celsius der LED-Chips bereits wenige hundert Millisekunden nach dem Einschalten wärmer ist, als die Unterseite des Emitters...
Diese Differenz dürfte ja eigentlich bei gleicher Leistung immer gleich sein, egal ob die LED kalt oder heiß ist. Lässt sich möglicherweise sogar mit Angaben aus dem Datenblatt genau ausrechnen...

Der interne Wämewiderstand in K/W müsste doch eigentlich genau dioese Angabe sein, oder? Sprich: Wenn man z.B. 2,5 Watt in die LED "reinpumpt" und die interne Wärmeleitfähigkeit bei 8°C pro Watt (dies trifft genau auf die XR-E zu!) ist, dann ist der LED-Chip 8°C * 2,5W=20°C über der Gehäusetemperatur. Ist das korrekt oder mache ich da einen Denkfehler?

Und zu guter Letzt: ist die "Junction Temperatur" die Temperatur am Chip oder am LED-Gehäuse? "junction" kann sowohl "Anschluss(stelle)", als auch "Sperrschicht" heißen
Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Sperrschichttemperatur gemeint sein. Wenn man jetzt noch die relative Helligkeitsabnahme betrachtet, ist klar, warum meine 8 warmweißen XR-E offenbar keine 1192 Lumen erreichen, gleichzeitig deutet es extrem darauf hin, dass Lumitronix (wie die LED-Hersteller allerdings auch) die Helligkeit mit ca. 20 ms kurzen Pulsen ausmessen.

Im Praxiseinsatz hat der Kühlkörper meiner 8 XR-E ca. 50°C, vernachlässigen wir mal den Wärmeübergang LED->Kühlkörper, dann haben die LEDs bei 700 mA Bestromung und 3,1V Vorwärtsspannung (=0,7A*3,1V=2,17W) 2,17*8°C/W=17,36°C mehr, also 67,36°C am Chip. Guckt man jetzt ins Datenblatt, dann sieht man unter "relative Luminus Flux", dass dann nur noch ca. 89% der vollen Helligkeit übrig bleiben, was ca. 1060 lm entspricht.

(In diesem Zusammenhang wäre interessant, ob z.B. die LED-High-Power-Leiste (auch?) kalt mit einem kurzen Puls weit unterhalb 1 Sekunde vermessen wurde. Ich gehe fast davon aus.)
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Achim H
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Do, 24.09.09, 23:24

Die Osram-LED ist aus Gallium-Arsenid (GaN), für die Cree XR-E konnte ich im Datenblatt leider auf die Schnelle keine Angabe zum verwendeten Chip-Material finden, vermute aber stark, dass es identisch ist.
Galliumarsenid = GaAs
Galliumnitrid = GaN

Für rote, orangene und gelbe Led-Chips wird AlInGaP (Aluminiumindiumgalliumphosphid) oder GaAsP (Galliumarsenidphosphid) genommen,
für ultraviolett (auch GaAs = Galliumarsenid), violett, grün und blau wird überwiegend InGaN (Indiumgalliumnitrid) verwendet,
weißes Licht wird aus dem Licht von blauen Led-Chips unter Zuhilfenahme einer Phosphor-Schicht erzeugt (also ebenfalls InGaN).

siehe auch:
Wikipedia: Leuchtdiode
Wissenswertes: Einheiten und Definition: 'Aus welchem Material sind die Chips der LED?'

mfg Achim
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Fr, 25.09.09, 08:16

Danke für die Korrektur. Also kann man davon ausgehen, dass bei den Cree-LEDs das gleiche material benutzt wird, wie bei denen von Osram, was dann auch diese Messung bei beiden Typen in gleicher Weise ermöglichen sollte. Nur eben blau, bzw. "weiß" muss der LED-Chip sein!
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Fr, 25.09.09, 09:36

Wobei ich als Hauptproblem sehe, dass man, um die Vorwärtsspannung bei Raumtemperatur des Chips ermitteln zu können ja bereits den vollen Strom draufgeben muss... erfordert wie schon geschrieben ein Oszilloskop und eine extrem schnell regelnde KSQ...
Das ist genau das Problem. Deshalb ist diese Methode vmtl. für 'Privatanwender' zu aufwändig/nicht machbar. Ich hab mich auch schon mal mit diesem Thema beschäftigt, dann aber mangels qualitativ ausreichendem Equipment 'aufgegeben' (siehe diesen Thread: viewtopic.php?f=37&t=4013&p=67845& ). Ich hab zwar ein Oszi, aber halt nur ein ganz einfaches 5MHz/1 Kanal mit schätzungsweise höchstens 5% Genauigkeit. Das ist zwar viel besser als nichts, aber um Abweichungen von ein paar mV zu messen einfach nicht ausreichend.
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Fr, 25.09.09, 11:50

Naja, wenn das Scope 5% Genauigkeit hat, bezieht sich das ja eigentlich auf den Vollen Messbereich. Ob 5% von 100 Volt oder 5% von 100 mV ist doch egal. Das reicht IMHO locker.
(Wenn man auf 1 mV pro kästchen stellt, ist der Messbereich ja sogar eher noch unter 100mV)

Außerdem scheint mir auch die Methode, innerhalb der ersten paar hundert ms (0,5 bis max. 1 Sek. nach einschalten) mit einem normalen Voltmeter zu messen, aus dem LED-Datenblatt die Temperaturerhöhung pro Watt (bei der Cree XR-E 8°C pro 1 Watt) heranzuziehen und mit der tatsächlichen Leistung zu multiplizieren, um zu ermitteln, um wiviel wärmer als das LED-Gehäuse der Chip ist doch recht geeignet zu sein.

Eine XR-E kann man einige Sekunden lang auch ganz ohne Star und ohne Kühlkörper @ 700 mA betreiben. Wobei es sicher sinnvoll ist, die Spannung bei kalter LED durchaus MIT Kühlkörper zu messen. Damit kann man den Temperaturanstieg am LED-Gehäuse getrost vernachlässigen, er dürfte in der ersten Sekunde unter 1°C bleiben.

Der LED-Chips selbst wiederum dürfte sich nahezu Verzögerungsfrei erwärmen. Sicher sagen kann ich das aber leider auch nicht. Vielleicht bekommt man doch realistischere Werte, wenn man ihm 1 bis 5 Sekunden Zeit gibt, auf Temperatur zu kommen.

Weiß zufällig jemand die Wärmeleitfähigkeit in °C / K pro watt einer Arctic-Silver-2K-Wärmeleitkleber-Klebestelle Cree XR-E auf Aluminium?

Wenn man das noch wüsste, reicht ja doch wieder ein Thermometer am Kühlkörper und ein wenig Rechnen und man hat die LED-Chip-Temperatur.

Wobei die Messung über den Spannungsanstieg sicher gerade auch für die MC-E auf Star-Platine aufschlussreich wäre, denn der Star ist lt. Lumitronix gar nicht in der Lage, die bei Vollast entstehende Wärme abzuführen.
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John.S
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So, 27.09.09, 19:27

Cree hat doch sowas Ähnliches im Datenblatt stehen:

Temperature coefficient of voltage (white, blue, royal blue, green) : -4.0 mV/°C

Das heisst, die Spannung nimmt um 4mV pro °C oder K Erwärmung gegenüber 25°C ab.
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Mo, 28.09.09, 08:16

Danke, muss ich übersehen haben. Gibt's da auch ein Diagramm? (Habe gerade keine Zeit, das Datenblatt zu studieren, nur kurz Früchstückspause)

Aber das finde ich drastisch: 16 mV/°C bei Osram und nur 4 mV/°C bei Cree... da scheint Cree ja deutlich besser zu sein! Bzw. es ist vielleicht einfach ein anderes Material.
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Mo, 28.09.09, 11:56

Komisch, das ist wieder mal so ein Beitrag, der (aus welchem Grund auch immer) unter meinem Radar geflogen ist, obwohl das Thema sehr interessant ist. Ich schaue mir eigentlich täglich die neuen Nachrichten an, es ist als ob da manchmal was unter den Tisch fällt.
Borax
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Mo, 28.09.09, 13:09

...es ist als ob da manchmal was unter den Tisch fällt.
Kenne ich. Irgendwo hatte ich das auch schon mal angesprochen. Inzwischen schau ich meist unter 'Aktive Themen' nach, das scheint verlässlicher zu sein... (und ich weiß ja, ab wo ich die Themen bereits kenne)
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John.S
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Di, 06.10.09, 10:51

CRI 93+ / Ra 93+ hat geschrieben:Danke, muss ich übersehen haben. Gibt's da auch ein Diagramm? (Habe gerade keine Zeit, das Datenblatt zu studieren, nur kurz Früchstückspause)

Aber das finde ich drastisch: 16 mV/°C bei Osram und nur 4 mV/°C bei Cree... da scheint Cree ja deutlich besser zu sein! Bzw. es ist vielleicht einfach ein anderes Material.
Wieso bin ich eigentlich nicht selber darauf gekommen die Chiptemperatur so zu messen? :D Also schonmal danke für diesen Fred hier!

Ontopic: Naja, man kann es ja auch genau andersrum interpretieren: durch den größeren Koeffizienten bei der Osram Led, fällt die Leistung bei höheren Temperaturen stärker ab als bei der Cree. Dadurch wird auch die Wirkungsgradabnahme bei steigender Temp. stärker ausgeglichen als bei der Cree.
Andererseits, wenn man sich die neue XP-G anschaut, die hat eine viel steilere Helligkeits vs. Strom Kurve und erreicht bei 1A 250% Helligkeit und hat ansich 132lm/W bei dem R4 Bin und 350mA. Selbst bei 1A erreicht sie über 100lm/W, was eine gewaltige Steigerung ist. Sonst war es ja nämlich immer so, dass bei 350mA eine größere Effizienz vorlag und bei steigendem Strom sank diese schnell ab und bei 1A war sie dann nur noch knapp über der Hälfte wie bei 350mA. Naja, das wird hier auf zu sehr offtopic...
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