Lötpad nimmt Lötzinn nicht an und verbrennt

Anleitungen für "hausgemachte" LED Projekte

Moderator: T.Hoffmann

Antworten
nagmat84
Mini-User
Beiträge: 3
Registriert: Di, 10.07.18, 13:39

Di, 10.07.18, 14:10

Hallo zusammen,

ich habe das Problem, dass das Lötpad den Lötzinn nicht annimmt und stattdessen nur verbrannte Rückstände übrig bleiben. Das passiert erst, nachdem ich den Typ des Lötzinns gewechselt habe.

Für eine LED-Beleuchtung muss ich die LED-Streifen kopfüber unter der Decke an die Anschlussleitung anlöten. Die LED-Streifen sitzen in einem Aluprofil, das sehr viel Wärme ableitet. Beides (kopfüber und Wärmeableitung) trägt nicht gerade zu optimalen Lötbedingungen bei. Mein Lötkolben ist ein Ersa Independent 130 (Gaslötkolben). Als Lötzinn habe ich verwendet, was ich gerade so in der Werkstatt gefunden habe.

Mit der ersten Sorte Lötzinn hat es wunderbar funktioniert. Leider steht auf der Rolle kein Hersteller und nur die Bezeichnung "Super Solder Wire" drauf. Nachdem die Rolle leer war, habe ich zur nächsten Rolle aus der Werkstatt gegriffen. Das ist eine Stannol HF32. Damit funktioniert es leider überhaupt nicht. Das Lötzinn wird nicht vom Lötpad angenommen und es bleiben nur verbrannte Rückstände übrig.

Vielleicht kann mir jemand sagen, was ich anders machen muss, damit es wieder funktioniert? Bzw. vielleicht kennt jemand das Lötzinn, mit dem es funktioniert hat und kann mir verraten was da drin ist?

Danke und Gruß
Dateianhänge
Stannol Lötzinn
Stannol Lötzinn
Unbekanntes Lötzinn "Super Solder Wire"
Unbekanntes Lötzinn "Super Solder Wire"
Verbranntes Lötpad mit Stannol Lötzinn
Verbranntes Lötpad mit Stannol Lötzinn
Gute Lötstelle mit unbekanntem "Super Solder Wire"
Gute Lötstelle mit unbekanntem "Super Solder Wire"
Nacktes Lötpad vor dem Löten
Nacktes Lötpad vor dem Löten
Benutzeravatar
Achim H
Star-Admin
Star-Admin
Beiträge: 13067
Registriert: Mi, 14.11.07, 02:14
Wohnort: Herdecke (NRW)
Kontaktdaten:

Di, 10.07.18, 14:52

Aus dem Datenblatt zum HF32 von Stannol:
Geringer thermischer Abbau des Harzes an der heißen Lötkolbenspitze bis 350°C.

Das Harz ist das Flussmittel.
Möglicherweise war Dein Kolben zu heiß. Versuche es mal mit einer niedrigeren Temperatur.
Borax
Star-Admin
Star-Admin
Beiträge: 11980
Registriert: Mo, 10.09.07, 16:28

Di, 10.07.18, 15:22

Womit ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe, ist das halogenfreie silberhaltige Lot von Reichelt:
https://www.reichelt.de/Loetzinn/LZ-FE- ... ICLE=10998 mit dem billigeren Standard-Zinn (z.B.: https://www.reichelt.de/Loetzinn/LZ-FE- ... ICLE=30439 ) hatte ich manchmal ähnliche Schwierigkeiten.
ustoni
Auserwählter
Auserwählter
Beiträge: 2104
Registriert: Sa, 04.06.11, 12:39
Wohnort: Mechernich

Di, 10.07.18, 15:30

Möglicherweise war Dein Kolben zu heiß.

Der war definitiv viel zu heiß. Um solche schwarzen Brandflecken zu erzeugen, muss die Lötspitzentemperatur bei deutlich über 400°C gelegen haben.
Für vernünftige Lötstellen ist so ein Gaslötkolben völlig ungeeignet. Das Löten mit Elektroniklot erfordert eine geregelte Lötspitzentemperatur. Das ist bei einem Gaslötkolben nicht möglich.

Sieht man sich das mit "Gute Lötstelle mit unbekanntem "Super Solder Wire"" betitelte Bild genauer an, wird offensichtlich, dass dieser Lötdraht kein Flussmittel enthält.
Beide Lötstellen haben mit "guten Lötstellen" aber absolut nichts zu tun. Besonders die obere "Lötstelle" ist noch nicht einmal sauber "geklebt".

Fazit:
Das Stannol-Lötzinn ist ein durchaus gut brauchbares Elektroniklot. Zur Verarbeitung benötigt man aber einen mindestens brauchbaren Lötkolben mit geregelter Lötspitzentemperatur.
Für Kupferrohre und Dachrinnen wäre der Gaslötkolben durchaus geeignet.
nagmat84
Mini-User
Beiträge: 3
Registriert: Di, 10.07.18, 13:39

Mi, 11.07.18, 08:18

Danke für die Hinweise, dass der Lötkolben anscheinend zu heiß ist. Ich hatte bereits mit verschiedenen Einstellungen herumprobiert. Wenn ich versucht habe, mit weniger Leistung zu löten, habe ich immer das Problem bekommen, dass das Aluprofil die Wärme anscheinend zu schnell abgeführt hat und ich mit dem Lötdraht am Lötpad kleben blieb.
ustoni
Auserwählter
Auserwählter
Beiträge: 2104
Registriert: Sa, 04.06.11, 12:39
Wohnort: Mechernich

Mi, 11.07.18, 09:37

Das ist genau das, wovon ich geredet habe.
Die Temperatur eines Gaslötkolbens lässt sich nicht regeln. Fährst Du die Leistung so weit runter, dass die Lötspitzentemperatur passt, kühlt die Spitze zu schnell ab und die Temperatur wird nicht nachgeregelt: Löten unmöglich.
Drehst Du die Leistung hoch genug, um eine ausreichende Löttemperatur zu halten, ist die Lötspitze zu Beginn so heiß, dass das Flussmittel sofort verbrennt: Löten unmöglich.

Also entweder verwendest Du einen richtigen, geregelten Lötkolben (Lötstation) oder Du vergisst das Projekt.

Das, was Du mit dem "Super Solder Wire" fabriziert hast, hat mit Lötstellen nicht das Geringste zu tun.
nagmat84
Mini-User
Beiträge: 3
Registriert: Di, 10.07.18, 13:39

Do, 12.07.18, 10:57

OK, dann werde ich mal den Hausmeister überreden müssen, eine anständige Lötstation zu kaufen.

Könntet Ihr mir aber noch erklären, was Euch an der "Super Solder Wire" Lötstelle stört? Was ist falsch? Sie glänzt doch silbrig, ist also zumindest keine kalte Lötstelle.
Benutzeravatar
Achim H
Star-Admin
Star-Admin
Beiträge: 13067
Registriert: Mi, 14.11.07, 02:14
Wohnort: Herdecke (NRW)
Kontaktdaten:

Do, 12.07.18, 11:37

Bei einer sehr guten Lötung sind
die Lötpads vollständig mit Lötzinn benetzt,
es ist weder zuwenig noch zuviel Lötzinn drauf,
es sind keine Fremdpartikel im Lötzinn sichtbar,
man sieht hinterher keine Nasen,
das umliegende Platinenmaterial ist nicht verbrannt.
ustoni
Auserwählter
Auserwählter
Beiträge: 2104
Registriert: Sa, 04.06.11, 12:39
Wohnort: Mechernich

Do, 12.07.18, 11:44

Eine silbrig glänzende Oberfläche ist nur ein Kriterium für die Beurteilung einer Lötstelle, und das gilt auch ausschließlich für bleihaltiges Lot.
Die Oberfläche muss dann aber auch durchgehend und gleichmäßig silbrig glänzen; das ist hier nicht der Fall.
02 - Gutes Lötpad.jpg
02 - Gutes Lötpad.jpg (40.33 KiB) 16940 mal betrachtet
Gelber Pfeil: im Lot ist ein Übergang von glänzender zu grieseliger Oberfläche zu sehen. Das ist ein deutliches Zeichen für Überhitzung.
Roter Pfeil: Einbuchtungen und Risse in der Lötstelle. Das ist eine sogenannte "kalte Lötstelle", wobei "kalt" nichts mit der Temperatur zu tun hat. Es ist fragwürdig, ob eine leitende Verbindung zustande gekommen ist.
Blauer Pfeil: Der Rand des Lötpads ist - frei von Lötzinn aber durch große Hitze stark verfärbt - sichtbar. Das Lötzinn ist offensichtlich nicht auf das Kupfer der Lötpads geflossen. Damit hat sich auch mit ziemlicher Sicherheit keine Diffusionszone ausgebildet. Das ist nur möglich, wenn beim Lötvorgang kein Flussmittel vorhanden war.

Mit anderen Worten: das Lötzinn ist auf den Lötpads (mit oxidierter Oberfläche) mehr oder weniger nur aufgeklebt. Selbst wenn ein elektrischer Kontakt zustande gekommen ist, wird dieser sich im Laufe der Zeit verschlechtern und schließlich ganz ausfallen. Dazu reichen bereits die normalen Temperaturunterschiede im Raum. Kupfer und Lötzinn haben unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten. Da keine innige Verbindung (Diffusionszone) zwischen beiden Metallen zustande gekommen ist, wird sich die Verbindung irgendwann lösen.

Bei einem korrekten Lötvorgang geschieht Folgendes:

Die Kupferoberfläche des Lötpads weist immer eine dünne Oxydschicht auf. Selbst wenn man das Lötpad vorher mechanisch reinigt, ist die Oxydschicht bereits nach wenigen Sekunden wieder vorhanden.
Beim Aufschmelzen des Lötzinns verflüssigt sich zuerst das Flussmittel,
Das Flussmittel verteilt sich über das Lötpad (Adhäsion) und löst die Oxydschicht chemisch auf. Dabei darf die Temperatur nicht über 340°C steigen, da das Flussmittel sonst verbrennt, bevor es wirken kann.
Das inzwischen flüssige Lötzinn kommt in Kontakt mit dem reinen Kupfer. Sobald die hierzu nötige Temperatur erreicht wird, bewegen sich Kupferatome ins Zinn und Zinnatome ins Kupfer. So entsteht die Diffusionszone, die für eine innige elektrische und mechanische Verbindung zwischen beiden Metallen sorgt. Das Lötzinn zieht sich bei diesem Vorgang selbst über das Lötpad; man sagt hierzu: das Lötzinn fließt.

Der Rand einer guten Lötstelle hat immer eine konkave Form. Dieser konkave Übergang zwischen Lötzinn und Kupfer des Lötpads ist ein Beurteilungskriterium für eine gute Lötstelle mit Diffusionszone.
Zuletzt geändert von ustoni am Do, 12.07.18, 12:35, insgesamt 1-mal geändert.
ustoni
Auserwählter
Auserwählter
Beiträge: 2104
Registriert: Sa, 04.06.11, 12:39
Wohnort: Mechernich

Do, 12.07.18, 12:00

Recht gut ist das auch hier erklärt:

https://www.yumpu.com/de/document/view/ ... lotfibel/5

Die Diffusionszone wird hier als Mischkristallschicht bezeichnet.
Antworten